Asklepios Westklinikum Hamburg - Psychosomatik - Station 7
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(C) Einsenderin
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In der Psychosomatik vom Asklepios Westklinikum in Hamburg gibt es 3 Stationen:
Station 7: Junge Erwachsene bis 30 Jahre sowie Essstörungen
Station 16: Chronische Schmerzerkrankungen, somatoforme Störungen und Depressionen
Station 17: Ängste, Depressionen, Krankheitsverarbeitung
Die
Einsenderin wurde auf Station 7 behandelt. Station 7 liegt abseits der
anderen psychosomatischen Stationen in einem Gebäude, wo ansonsten
somatische Stationen untergrbacht sind. Die Station ist aufgeteilt in
den Essstörungsbereich (es wird sowohl Anorexie, Bulimie als auch
Binge-Eating/Adipositas und Mischformen behandelt) sowie die allgemeine
Gruppe, in der allgemeinen Gruppen sind die Patienten alle zwischen ca.
18-30 Jahren, im Essstörungsbereich gibt es manchmal Ausnahmen und auch
ältere Patienten werden aufgenommen, da es keine andere Station
innerhalb der Klinik gibt die Essstörungen behandelt. Im allgemeinen
Bereich werden verschiedenste psychosomatische Krankheitsbilder
behandelt wie Angststörungen, Panikstörungen, Depressionen, chronische
Schmerzen, Somatisierungsstörungen, funktionelle Störungen,
körperliche Erkrankungen mit seelischen Begleitfaktoren sowie
Adoleszenzkrisen.
Es gibt 3-4
Einzelzimmer, ansonsten Doppelzimmer, alle Zimmer haben ein eigenes Bad.
Einzelzimmer werden meist nur vergeben an Privatpatienten, manchmal
gibt es Ausnahmen z.B für Patienten, die eine Sonde haben oder wenn es
von der Geschlechterverteilung anders gerade nicht aufgeht. Es gibt
einen Aufenthaltsraum mit Billard-Tisch, ein Wohnzimmer mit Fernseher,
eine Küche (wo man auch selber kochen kann wenn man möchte), einen
seperater Essraum für die Essstörungspatienten (E-Patienten), die
A-Patienten haben Tische zum Essen im Flur.
Zum Essstörungskonzept: Alle Essstörungspatienten werden 2x wöchentlich gewogen, bei einem
BMI<14 3x wöchentlich. Bei der Aufnahme wird mit jedem Patienten ein
Gewichtsvertrag geschlossen: bei Untergewicht verpflichtet man sich jede
Woche mind. 500g die Woche zuzunehmen (bei einem BMI<14 gibt es
Sonderregeln) bis zu einem Zielgewicht von BMI 18,5 + 2 kg, im
Normalgewicht verpflichtet man sich sein Gewicht +/- 2kg zu halten sowie
nicht unter einen BMI von 18,5 zu rutschen, ab einem BMI von über 25
sprich Übergewicht ist es das Ziel jede Woche mindestens 500 g
abzunehmen bis zu einem Zielgewicht von BMI 25 - 2 kg.
Bei
einem sehr niedrigen Gewicht und/oder schlechtem körperlichen Zustand
wird mit Sonden gearbeitet, dafür gibt es Sonderregeln. Teilweise stellt
die Station als Voraussetzung zur Aufnahme, dass ein
Stabilisierungsaufenthalt in der Somatik voraus geht.
Es
gibt 5 feste Mahlzeiten (3 Hauptmahlzeiten, 2 Zwischenmahlzeiten), sowie
eine freiwillige Spätmahlzeit, die Hauptmahlzeiten dauern jeweils 30
Minuten, die Zwischenmahlzeiten je 25 Minuten, es ist Pflicht zu
erscheinen und die volle Zeit am Tisch sitzen zu bleiben, Handys etc.
sind während der Mahlzeiten verboten. Manchmal werden einige Mahlzeiten
auch durch die Pflege begleitet (meistens eher das Mittagessen und die
Zwischenmahlzeiten), das ist aber sehr individuell, je nach dem wie gut
die Pflege besetzt ist. Es gibt keinen festen Essplan, jeder Patient
bestellt seine Mahlzeiten jeweils am Wochenende für die ganze Woche vor
und kann frei wählen was er haben möchte (wie viele Brötchen, Brot,
Obst, Gemüse, Aufstriche etc.), mittags gibt es die Auswahl zwischen 3
Gerichten, welche aber selber (unter Aufsicht) geschöpft werden
(Ausnahmen bei BMI<14). Man führt ein Ess- und Trinktagebuch, wo alle
Mahlzeiten notiert werden inklusive Gefühle und Gedanken, die einen
dabei begleitet haben. Dieses Tagebuch soll einmal die Woche mit der
Pflege besprochen werden, wo dann geguckt wird wo man z.B sein Essen
erhöhen könnte oder was man verbessern könnte (je nach Zunahme). Bei
mangelnder Gewichtszunahme und/oder schlechtem körperlichen Zustand kann
man festes Fortimel als Zwischenmahlzeit bekommen. Als
Essstörungspatient darf man im Gegensatz zu den A-Patienten keine
eigenen Lebensmittel mitbringen und auch außerhalb nichts Essen, einmal
die Woche machen die Essstörungspatienten aber einen gemeinsamen Ausflug
in die Klinik-Cafeteria, wo ein Snack für die Zwischenmahlzeit gekauft
werden darf wie z.B eine Brezel, Franzbrötchen, Croissant, Eis, Kuchen,
Mufffn etc. (auf Kosten der Klinik) und man hat die Möglichkeit sich
etwas aus der Naschkiste der Station (z.B ein Schokoriegel) zur
Zwischenmahlzeit zu holen.
Eine vegetarische Ernährung
ist erlaubt, aber keine vegane. Bis zu einem BMI von 15 ist Sport
komplett verboten, ab einem BMI von 15
kann der Arzt Sportanwendungen verordnen oder physikalische Anwendungen
wie z.B Massagen oder Physiotherapie, das wird individuell
entschieden. Nach dem Mittagessen gibt es für alle Patienten im Unter-
und Normalgewicht eine Nachruhe von 30 Min. (man geht zusammen in einen
Raum und kann dort entspannen, Musik hören, Lesen etc.), für Patienten
im Übergewicht gibt es einen gemeinsamen 30 minütigen Spaziergang.
Alle
Patienten werden in 3 Gruppen eingeteilt, durchmischt mit A und E
Patienten (Blau, Gelb, Orange), nach diesen Gruppen richten sich die
Gruppentherapien, jede Gruppe hat 3x wöchentlich
Gesprächsgruppentherapie gemeinsam sowie je nach Gruppe entweder
Kunsttherapie oder Tanz- und Bewegungstherapie (auch 3-4x die Woche). Es
sind ca. 7-8 Patienten in einer Gruppe. Jeder Patient hat also fest 3x
wöchentlich Gesprächsgruppentherapie, 3-4x wöchentlich Fachtherapie
sowie 1x wöchentlich 50 Min. Einzeltherapie. Die Einzel- und
Gruppentherapien sind meistens tiefenpsychologisch orientiert. Die
Essstörungspatienten haben zusätzlich noch eine feste Ernährungsgruppe
(dort wird manchmal was theoretisches gemacht, manchmal zusammen
gekocht/gebacken) sowie eine Symptomzentrierte Gruppe, wo man über die
Symptome und Probleme der Essstörung sprechen kann. (Vor Corona gab es
auch noch eine Kochgruppe/Lehrküche, die Einsenderin weiß nicht genau ob
es diese inzwischen wieder gibt). Alle anderen Therapien werden
individuell verteilt. Es gibt z.B verschiedene Sportangebote,
Entspannung, Skills-Training sowie Reittherapie (für je 3-4 Patienten,
meistens eher aus dem A-Bereich). Einmal wöchentlich ist eine
Oberarztvisite, einmal wöchentlich eine Stationskonferenz, wo alle
Patienten zusammen kommen, Dienste verteilt werden, Probleme im
Zusammenleben angesprochen werden können etc.
Für
alle Patienten gibt es innerhalb der ersten Woche eine Art Sperre nach
Außen, man darf kein Besuch bekommen, das Klinikgelände nicht verlassen
und hat eingeschränkten Ausgang. Anschließend können die A-Patienten
außerhalb der Therapien jederzeit in den Ausgang und gehen am Wochenende
i.d.R auch in die Belastungserprobung für 1 Nacht oder in die
Tagesbeurlaubung.
Bei Essstörungspatienten wird mit einem
Stufenplan gearbeitet nach dem sich der Ausgang richtet. Bis zu einem
BMI von 15 darf z.B das Klinikgelände nicht verlassen werden, ab einem
BMI von 15 darf 1 Stunde Ausgang genommen werden, wo auch das
Klinikgelände verlassen werden darf. (der genaue Stufenplan darf aus
Datenschutzgründen nicht veröffentlicht werden). Bei Patienten mit
Bulimie und Normalgewicht gibt es einen seperaten Stufenplan, wo es
nicht nach Gewicht geht, sondern der Ausgang unabhängig vom Gewicht
langsam gesteigert wird je nach Woche. Beurlaubungen am Wochenende
werden bei E-Patienten individuell entschieden.
Sein Handy darf man durchgängig haben, es gibt kostenloses WLAN.
Die
Aufenthaltsdauert ist sehr unterschiedlich, durchschnittlich etwa 6-8
Wochen, während die Einsenderin dort war war im A-Bereich die längste
Patientin 13 Wochen dort, im Essstörungsbereich 5 Monate. Es wird eng
mit der Tagesklinik koorperiert, die ebenfalls ein Angebote für junge
Erwachsene und Essstörungen hat sowie mit Intervallbehandlungen
gearbeitet. Auch Essstörungspatienten werden oft noch vor Erreichen des
Normal oder Zielgewichts entlassen.
Die Wartezeiten sind relativ individuell, gerade aber im Essstörungsbereich oft nur bei etwa 2-6 Wochen (nach Vorgespräch).
Pro:
- tiefenpsychologischer Ansatz, gerade bei Essstörungen geht es sehr um das dahinter
-
es werden Essstörungen bei jedem Gewicht ernst genommen und es ist auch
meistens ganz durchmischt auf Station von den Essstörungsformen her
- einige von der Pflege sowie von den Therapeuten
- alle Patienten sind in einem ähnlichen Alter
- die Klinik liegt schön umgeben von Wald und ist trotzdem gut zu erreichen
-
durch die Einteilung in die Therapie-Gruppen kann auch in den
Gruppentherapien intensiv an individuellen Themen gearbeitet werden
- relativ gut gefüllter Therapieplan
- die Fachtherapeuten
-
da das Essstörungskonzept relativ frei ist und wenn man nicht zunimmt
oder nicht mitmacht relativ schnell gehen muss, bringen die meisten
Essstörungspatienten Motivation mit wirklich was ändern zu wollen
Kontra:
- einige von der Pflege sowie den Ärzten (gerade auch von den leitenden Menschen)
- das Essen ist wirklich katastrophal und auch die Essensbestellungen funktionieren oft gar nicht
-
man merkt, dass Asklepios als Konzern sparen muss wo es nur geht (und
einen riesen Unterschied zwischen Privat und Gesetzlichversichert macht,
z.B gibt es für gesetzliche Patienten keine Butter, keine Säfte und
kein Salat)
- das Essstörungskonzept ist ziemlich
alltagsfern (unter Umständen ist man mehrere Monate da ohne je auch nur
einmal auswärts oder woanders gegessen zu haben) und allgemein
verbesserungswürdig
- Personalmangel
- die Ernährungsberatung
-
bei allem komplexeren wie Probleme mit (schwererem) Selbstverletzenden
Verhalten, Traumatisierung, Persönlichkeitsstörungen, Dissoziationen,
schweren Zwangsstörungen ist die Station schnell überfordert
- es wird nicht respektiert wenn man als Frau sich nicht von einem männlichen Arzt untersuchen lassen möchte
- medizinische Anliegen werden oft aus den Augen verloren und/oder nicht wirklich ernst genommen
- im Entlassbereicht waren einige Fehler, die echt nicht hätten passieren müssen/dürfen
(C) Fotos: Einsenderin