Montag, 3. Juli 2023

Asklepios Westklinikum Hamburg - Psychosomatik - Station 7

 Asklepios Westklinikum Hamburg - Psychosomatik - Station 7

(C) Einsenderin

In der Psychosomatik vom Asklepios Westklinikum in Hamburg gibt es 3 Stationen:


Station 7: Junge Erwachsene bis 30 Jahre sowie Essstörungen
Station 16: Chronische Schmerzerkrankungen, somatoforme Störungen und Depressionen
Station 17: Ängste, Depressionen, Krankheitsverarbeitung

Die Einsenderin wurde auf Station 7 behandelt. Station 7 liegt abseits der anderen psychosomatischen Stationen in einem Gebäude, wo ansonsten somatische Stationen untergrbacht sind. Die Station ist aufgeteilt in den Essstörungsbereich (es wird sowohl Anorexie, Bulimie als auch Binge-Eating/Adipositas und Mischformen behandelt) sowie die allgemeine Gruppe, in der allgemeinen Gruppen sind die Patienten alle zwischen ca. 18-30 Jahren, im Essstörungsbereich gibt es manchmal Ausnahmen und auch ältere Patienten werden aufgenommen, da es keine andere Station innerhalb der Klinik gibt die Essstörungen behandelt. Im allgemeinen Bereich werden verschiedenste psychosomatische Krankheitsbilder behandelt wie Angststörungen, Panikstörungen, Depressionen, chronische Schmerzen, Somatisierungsstörungen, funktionelle Störungen, körperliche Erkrankungen mit seelischen Begleitfaktoren sowie Adoleszenzkrisen.

Es gibt 3-4 Einzelzimmer, ansonsten Doppelzimmer, alle Zimmer haben ein eigenes Bad. Einzelzimmer werden meist nur vergeben an Privatpatienten, manchmal gibt es Ausnahmen z.B für Patienten, die eine Sonde haben oder wenn es von der Geschlechterverteilung anders gerade nicht aufgeht. Es gibt einen Aufenthaltsraum mit Billard-Tisch, ein Wohnzimmer mit Fernseher, eine Küche (wo man auch selber kochen kann wenn man möchte), einen seperater Essraum für die Essstörungspatienten (E-Patienten), die A-Patienten haben Tische zum Essen im Flur.

Zum Essstörungskonzept: Alle Essstörungspatienten werden 2x wöchentlich gewogen, bei einem BMI<14 3x wöchentlich. Bei der Aufnahme wird mit jedem Patienten ein Gewichtsvertrag geschlossen: bei Untergewicht verpflichtet man sich jede Woche mind. 500g die Woche zuzunehmen (bei einem BMI<14 gibt es Sonderregeln) bis zu einem Zielgewicht von BMI 18,5 + 2 kg, im Normalgewicht verpflichtet man sich sein Gewicht +/- 2kg zu halten sowie nicht unter einen BMI von 18,5 zu rutschen, ab einem BMI von über 25 sprich Übergewicht ist es das Ziel jede Woche mindestens 500 g abzunehmen bis zu einem Zielgewicht von BMI 25 - 2 kg.
Bei einem sehr niedrigen Gewicht und/oder schlechtem körperlichen Zustand wird mit Sonden gearbeitet, dafür gibt es Sonderregeln. Teilweise stellt die Station als Voraussetzung zur Aufnahme, dass ein Stabilisierungsaufenthalt in der Somatik voraus geht.
Es gibt 5 feste Mahlzeiten (3 Hauptmahlzeiten, 2 Zwischenmahlzeiten), sowie eine freiwillige Spätmahlzeit, die Hauptmahlzeiten dauern jeweils 30 Minuten, die Zwischenmahlzeiten je 25 Minuten, es ist Pflicht zu erscheinen und die volle Zeit am Tisch sitzen zu bleiben, Handys etc. sind während der Mahlzeiten verboten. Manchmal werden einige Mahlzeiten auch durch die Pflege begleitet (meistens eher das Mittagessen und die Zwischenmahlzeiten), das ist aber sehr individuell, je nach dem wie gut die Pflege besetzt ist. Es gibt keinen festen Essplan, jeder Patient bestellt seine Mahlzeiten jeweils am Wochenende für die ganze Woche vor und kann frei wählen was er haben möchte (wie viele Brötchen, Brot, Obst, Gemüse, Aufstriche etc.), mittags gibt es die Auswahl zwischen 3 Gerichten, welche aber selber (unter Aufsicht) geschöpft werden (Ausnahmen bei BMI<14). Man führt ein Ess- und Trinktagebuch, wo alle Mahlzeiten notiert werden inklusive Gefühle und Gedanken, die einen dabei begleitet haben. Dieses Tagebuch soll einmal die Woche mit der Pflege besprochen werden, wo dann geguckt wird wo man z.B sein Essen erhöhen könnte oder was man verbessern könnte (je nach Zunahme). Bei mangelnder Gewichtszunahme und/oder schlechtem körperlichen Zustand kann man festes Fortimel als Zwischenmahlzeit bekommen. Als Essstörungspatient darf man im Gegensatz zu den A-Patienten keine eigenen Lebensmittel mitbringen und auch außerhalb nichts Essen, einmal die Woche machen die Essstörungspatienten aber einen gemeinsamen Ausflug in die Klinik-Cafeteria, wo ein Snack für die Zwischenmahlzeit gekauft werden darf wie z.B eine Brezel, Franzbrötchen, Croissant, Eis, Kuchen, Mufffn etc. (auf Kosten der Klinik) und man hat die Möglichkeit sich etwas aus der Naschkiste der Station (z.B ein Schokoriegel) zur Zwischenmahlzeit zu holen.
Eine vegetarische Ernährung ist erlaubt, aber keine vegane. Bis zu einem BMI von 15 ist Sport komplett verboten, ab einem BMI von 15 kann der Arzt Sportanwendungen verordnen oder physikalische Anwendungen wie z.B Massagen oder Physiotherapie, das wird individuell entschieden. Nach dem Mittagessen gibt es für alle Patienten im Unter- und Normalgewicht eine Nachruhe von 30 Min. (man geht zusammen in einen Raum und kann dort entspannen, Musik hören, Lesen etc.), für Patienten im Übergewicht gibt es einen gemeinsamen 30 minütigen Spaziergang.

Alle Patienten werden in 3 Gruppen eingeteilt, durchmischt mit A und E Patienten (Blau, Gelb, Orange), nach diesen Gruppen richten sich die Gruppentherapien, jede Gruppe hat 3x wöchentlich Gesprächsgruppentherapie gemeinsam sowie je nach Gruppe entweder Kunsttherapie oder Tanz- und Bewegungstherapie (auch 3-4x die Woche). Es sind ca. 7-8 Patienten in einer Gruppe. Jeder Patient hat also fest 3x wöchentlich Gesprächsgruppentherapie, 3-4x wöchentlich Fachtherapie sowie 1x wöchentlich 50 Min. Einzeltherapie. Die Einzel- und Gruppentherapien sind meistens tiefenpsychologisch orientiert. Die Essstörungspatienten haben zusätzlich noch eine feste Ernährungsgruppe (dort wird manchmal was theoretisches gemacht, manchmal zusammen gekocht/gebacken) sowie eine Symptomzentrierte Gruppe, wo man über die Symptome und Probleme der Essstörung sprechen kann. (Vor Corona gab es auch noch eine Kochgruppe/Lehrküche, die Einsenderin weiß nicht genau ob es diese inzwischen wieder gibt).  Alle anderen Therapien werden individuell verteilt. Es gibt z.B verschiedene Sportangebote, Entspannung, Skills-Training sowie Reittherapie (für je 3-4 Patienten, meistens eher aus dem A-Bereich). Einmal wöchentlich ist eine Oberarztvisite, einmal wöchentlich eine Stationskonferenz, wo alle Patienten zusammen kommen, Dienste verteilt werden, Probleme im Zusammenleben angesprochen werden können etc.

Für alle Patienten gibt es innerhalb der ersten Woche eine Art Sperre nach Außen, man darf kein Besuch bekommen, das Klinikgelände nicht verlassen und hat eingeschränkten Ausgang. Anschließend können die A-Patienten außerhalb der Therapien jederzeit in den Ausgang und gehen am Wochenende i.d.R auch in die Belastungserprobung für 1 Nacht oder in die Tagesbeurlaubung.
Bei Essstörungspatienten wird mit einem Stufenplan gearbeitet nach dem sich der Ausgang richtet. Bis zu einem BMI von 15 darf z.B das Klinikgelände nicht verlassen werden, ab einem BMI von 15 darf 1 Stunde Ausgang genommen werden, wo auch das Klinikgelände verlassen werden darf. (der genaue Stufenplan darf aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht werden). Bei Patienten mit Bulimie und Normalgewicht gibt es einen seperaten Stufenplan, wo es nicht nach Gewicht geht, sondern der Ausgang unabhängig vom Gewicht langsam gesteigert wird je nach Woche. Beurlaubungen am Wochenende werden bei E-Patienten individuell entschieden.

Sein Handy darf man durchgängig haben, es gibt kostenloses WLAN.

Die Aufenthaltsdauert ist sehr unterschiedlich, durchschnittlich etwa 6-8 Wochen, während die Einsenderin dort war war im A-Bereich die längste Patientin 13 Wochen dort, im Essstörungsbereich 5 Monate. Es wird eng mit der Tagesklinik koorperiert, die ebenfalls ein Angebote für junge Erwachsene und Essstörungen hat sowie mit Intervallbehandlungen gearbeitet. Auch Essstörungspatienten werden oft noch vor Erreichen des Normal oder Zielgewichts entlassen.

Die Wartezeiten sind relativ individuell, gerade aber im Essstörungsbereich oft nur bei etwa 2-6 Wochen (nach Vorgespräch).

Pro:
- tiefenpsychologischer Ansatz, gerade bei Essstörungen geht es sehr um das dahinter
- es werden Essstörungen bei jedem Gewicht ernst genommen und es ist auch meistens ganz durchmischt auf Station von den Essstörungsformen her
- einige von der Pflege sowie von den Therapeuten
- alle Patienten sind in einem ähnlichen Alter
- die Klinik liegt schön umgeben von Wald und ist trotzdem gut zu erreichen
- durch die Einteilung in die Therapie-Gruppen kann auch in den Gruppentherapien intensiv an individuellen Themen gearbeitet werden
- relativ gut gefüllter Therapieplan
- die Fachtherapeuten
- da das Essstörungskonzept relativ frei ist und wenn man nicht zunimmt oder nicht mitmacht relativ schnell gehen muss, bringen die meisten Essstörungspatienten Motivation mit wirklich was ändern zu wollen

Kontra:
- einige von der Pflege sowie den Ärzten (gerade auch von den leitenden Menschen)
- das Essen ist wirklich katastrophal und auch die Essensbestellungen funktionieren oft gar nicht
- man merkt, dass Asklepios als Konzern sparen muss wo es nur geht (und einen riesen Unterschied zwischen Privat und Gesetzlichversichert macht, z.B gibt es für gesetzliche Patienten keine Butter, keine Säfte und kein Salat)
- das Essstörungskonzept ist ziemlich alltagsfern (unter Umständen ist man mehrere Monate da ohne je auch nur einmal auswärts oder woanders gegessen zu haben) und allgemein verbesserungswürdig
- Personalmangel
- die Ernährungsberatung
- bei allem komplexeren wie Probleme mit (schwererem) Selbstverletzenden Verhalten, Traumatisierung, Persönlichkeitsstörungen, Dissoziationen, schweren Zwangsstörungen ist die Station schnell überfordert
- es wird nicht respektiert wenn man als Frau sich nicht von einem männlichen Arzt untersuchen lassen möchte
- medizinische Anliegen werden oft aus den Augen verloren und/oder nicht wirklich ernst genommen
- im Entlassbereicht waren einige Fehler, die echt nicht hätten passieren müssen/dürfen





(C) Fotos: Einsenderin

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